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Das Fremde Sehen
Der Blick auf Japan in Paul Grahams Künstlerbuch Empty Heaven
Japan scheint mir als Europäerin für die Beschäftigung mit dem Fremden ein interessantes Beispiel zu sein, da es zwischen der Fremdheit einer exotisch wirkenden Kultur und der Vertrautheit einer hoch entwickelten Industriegesellschaft oszilliert. Japan ist uns sowohl in seiner Andersartigkeit als auch in seiner Ähnlichkeit sehr vertraut, da wir nicht nur Kenntnisse von der japanischen Küche oder der Anime-Kultur besitzen, sondern auch japanische Autos fahren oder mit japanischen Kameras unseren Urlaub dokumentieren. Wir meinen, über die Geschichte des japanischen Imperialismus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts informiert zu sein und beobachten seit langem japanische Touristen, die uns allenthalben in Europa begegnen. Von daher haben wir alle, auch diejenigen, die nie in Japan waren, ein bestimmtes Bild der japanischen Kultur und Gesellschaft. Dieses Bild prägt unsere Erwartungshaltung, mit der wir Darstellungen Japans begegnen. So ertappt sich beispielsweise auch derjenige, der von sich behauptet, offen und relativ vorurteilsfrei zu sein, bei der Lektüre der Bücher des japanischen Schriftstellers Murakami Haruki dabei, die individuellen, etwas abseits der Gesellschaft stehenden Ich-Erzähler als ‚un-japanisch’ zu bezeichnen. Weder verfolgen sie ehrgeizig ihre Karriere, noch gehören sie einer bestimmten gesellschaftlichen Gruppe an, zudem konsumieren sie häufig westliche Nahrungsmittel. Dieses Beispiel lässt sich auch auf Bildwelten ausdehnen. So vermisste eine Journalistin beim Presserundgang durch die Ausstellung Future World mit Japan-Fotografien der Künstlerin Elisabeth Neudörfl im Sprengel-Museum Hannover die Darstellung von Geishas oder Shinto-Tempeln. Diese Beispiele zeigen, wie tief die Vorstellungen der Andersartigkeit und Exotik der japanischen Kultur bei uns verankert sind und wie sehr das Bedürfnis vorherrscht, diese Bilder auch bestätigt zu bekommen.
Sich dem Fremden anzunähern ist immer mit zahlreichen Problemen verbunden. Denn wie kann ich das Fremde wahrnehmen? Wie kann ich es in mein kulturelles Bezugssystem einordnen, ohne es in Kategorien zu zwängen, die dem Fremden völlig fremd sind? Dies scheint grundsätzlich unmöglich, weil unsere Wahrnehmung Japans immer aus der europäischen Perspektive heraus, also eurozentrisch, erfolgen muss. Die Japanologin Irmela Hijiya-Kirschnereit formuliert: „Eurozentrismus zeigt sich … als Anlegen des eigenen Rasters auf das Fremde. Dieses wird ent-fremdet, und es gilt als verstanden, wenn es in die vertrauten Kategorien übersetzt ist.“ Das Fremde wird immer relativ zu den eigenen kulturellen Erfahrungen und Vorstellungen gesetzt. Um es verstehen zu können, muss es seine Fremdheit verlieren und vertraut werden. Dies birgt jedoch die Gefahr, die Distanz, die dem Fremden inhärent ist, zu negieren und es in Folge dessen genau wie das Eigene zu behandeln. Die Distanz ist zur Beobachtung jedoch unerlässlich. Hellmuth Plessner formuliert dies so: „Verstehen ist nicht das sich Identifizieren mit dem Anderen, wobei die Distanz zu ihm verschwindet, sondern das Vertrautwerden in der Distanz, die das Andere als das Andere und Fremde zugleich sehen lässt.“ Das Fremde muss als das Andere erkennbar bleiben. Hijiya-Kirschnereit folgert demnach weiterhin: „Uns bleibt nur die Möglichkeit, unsere Verwurzelung in unserer eigenen Kultur klar zu erkennen und ein Gespür zu entwickeln für unsere Abhängigkeit von den eigenen gesellschaftlichen Normen, im Denken, Empfinden und Handeln. Paradox ausgedrückt heißt dies: Erst wenn wir bewusste Eurozentriker sind, vermögen wir das Fremde unvoreingenommen, d.h. unverstellt durch unsere unbewussten Vorurteile wahrzunehmen. So gesehen wäre Eurozentrismus geradezu die Bedingung der Erkenntnis.“
Diese Erläuterungen sind deshalb so wichtig, da meine Betrachtung der Arbeit des Engländers Paul Graham, eine doppelte Distanz beinhaltet. Graham fotografiert Japan mit europäischem Blickwinkel, und ich, die ich noch nie in Japan war, also die japanische Kultur nur aus Erzählungen, der Literatur, dem Kino und von Bildern her kenne, betrachte nun diesen Blick auf Japan aus meiner europäischen, wiederum ebenfalls fremden Sichtweise heraus.
Aus der Perspektive des europäischen Fotografen, der in Japan fotografiert und uns demzufolge ein Bild Japans vermittelt, stellt sich nun die Frage, wie er sich dieser Fremdheit annähert. Er kommt nicht umhin, seine eigenen Vorstellungen zu reflektieren. Die Auseinandersetzung mit vorhandenen fotografischen Repräsentationen – ob bewusst oder unbewusst ---– sind ein Teil dieses Prozesses. Nach wie vor ist das Japanbild geprägt von Klischees, die alles umfassen, was der Laie als ‚typisch japanisch’ bezeichnen würde. Es würde hier den Rahmen sprengen, näher auf die bildlichen Klischees über Japan einzugehen. Ich möchte beispielhaft auf die Darstellung exotischer Landschaften und Pflanzen, japanischer Tempel und traditionell gekleideter Frauen respektive futuristisch anmutender Architektur oder High-Tech-Plastikspielzeuge verweisen. Der Fotograf muss sich zu den existierenden Darstellungen Japans positionieren.
Die Wahl des fotografischen Ansatzes stellt einen wesentlichen Aspekt der Darstellung des Fremden dar. Während ein Journalist aus einer bestimmten Vorgabe heraus den Auftrag hat, einen konkreten Aspekt Japans visuell einleuchtend zu zeigen oder eine bestimmte Vorstellung der Betrachter zu bestätigen, hat ein Künstler wesentlich mehr Freiheiten was Bildsprache, Wahl der Motive und Behandlung der Inhalte anbelangt. Er muss nicht ausgewogen berichten oder alle Aspekte eines Themas berücksichtigen. Er darf radikal mit der Materie verfahren, wenn ihm dies notwendig scheint. Paul Graham bedient sich einer künstlerischen Dokumentarfotografie. Er beobachtet mit der Kamera und zeichnet Vorhandenes auf. Er inszeniert nicht, konstruiert jedoch in der Auswahl der Bildsujets, der Art der Darstellung der Motive und der Zusammenstellung einen sehr eigenwilligen Eindruck. Wichtig ist, dass er in der Arbeit Empty Heaven nicht Japan in seiner ganzen Komplexität und Widersprüchlichkeit repräsentieren möchte. Im Interview mit Uta Grosenick betont Graham, dass seine Auseinandersetzung mit Europa in der vorangegangenen Arbeit New Europe seine Wahrnehmung Japans geprägt hat. Die Gedanken über die Last der Geschichte, die sich in unterschiedlicher Form auf das tägliche Leben auswirken, beschäftigten ihn erneut, als er nach Japan reiste, „in ein Land mit einer traumatischen Vergangenheit, […] an dessen Oberfläche nur ein großes kollektives Vergessen festzustellen ist. Ich fragte mich, wie sich Geschichte und Macht verkleiden und maskieren – und wie dies in das Gefüge des bewussten und unbewussten Japans eingeflossen ist.“ Empty Heaven stellt einen Versuch dar, sich Japan mit konkreten Bildern auf einer abstrakten Ebene zu nähern.
Das Buch Empty Heaven. Photographs from Japan 1989 – 1995 erschien 1995 anlässlich der gleichnamigen Ausstellung im Kunstmuseum Wolfsburg. Es ist hochformatig in den Abmessungen 24 x 32 cm. Es umfasst 55 vollformatige Farbfotografien im Hoch- und Querformat. Es gibt keine Paginierung, die Bilder haben keine Bildunterschriften. Lediglich am Ende des Buches sind Titel, Ort und die Jahreszahl der einzelnen Fotografien aufgelistet. Es gibt keinen einführenden Text, dem Band ist jedoch ein Einleger mit bio- und bibliografischen Angaben zum Autor, sowie einem Künstlergespräch beigelegt. Dem letzten Bild im Buch folgt ein programmatisches Zitat der britischen Anthropologin Joy Hendry, das als eine Verständnishilfe gelesen werden kann. Es lautet: „The West is overly concerned with ‚unwrapping,’ with revealing the essence of things. We should look rather at the method of concealment …“ Wie etwas verborgen wird, kann also Aufschluss geben darüber, was versteckt wird.
Das Buch zeichnet sich insgesamt durch eine große physische Nähe zu den fotografierten Gegenständen und Personen aus. Die Motive sind durchgängig aufgeblitzt und ins Zentrum gerückt. Es werden Motive wiederholt aufgegriffen und identisch ins Bild gesetzt. Auffällig ist die Dominanz der Farbe Rosa, die Künstlichkeit der Bildwelten und die ständige Wiederholung bestimmter Motive. Graham orientiert sich offensichtlich stark an den Oberflächen des Sichtbaren.
Empty Heaven beginnt nicht, wie bei Büchern üblich, mit Schmutztitel und Titel. Eine Reihung von fünf Bildern gibt eine Art Establishing Shot, sie bereitet einige der wichtigen und wiederholt auftretenden Motive vor. Erst dann folgt der Titel. Als erstes sehen wir das hochformatige Porträt einer jungen Frau, die in einer Geste die Hand ans Gesicht führt und in der Bewegung eingefroren ist. Die Abbildung der jungen Frau wirkt artifiziell, ohne jedoch inszeniert zu erscheinen. Die künstliche Anmutung wird durch die Technik des Hineinblitzens in die Situation erzeugt. Das nächste querformatige Bild zeigt einen Motorblock. [Abb. 1] Der Motorblock vermittelt dem Laien ein geordnetes Chaos. Die Aufnahme erzeugt jedoch nicht den Eindruck eines rein technischen Bildes. Sie erklärt keine Funktionsweise, sondern verweist auf die Kraft, die in einem Motor steckt und damit gleichzeitig auf die wirtschaftliche Stärke der japanischen Autoproduktion. Dieser Aufnahme folgt eine Format füllenden Fotografie einer pinkfarbenen, bedruckten, gerasterten Fläche. Die pinkfarbene Fläche bildet eine Art Gegenbild zum Motorblock, sie ist Oberfläche und vermittelt mit ihrer Farbgebung eine extreme Künstlichkeit. Gleichzeitig verweist sie jedoch auf die Oberflächlichkeit der Aufnahme des Motors. So wie sich im Inneren des Motors wichtige Details befinden, kann sich auch unter diesem bedruckten Papier ein weiterer Inhalt verbergen, wenn es beispielsweise als Verpackung eingesetzt wird. Es folgt eine Aufnahme von einer Museumswand. [Abb. 2] Zu sehen sind vier Nahaufnahmen der Atomexplosion von Hiroshima. Die Aufnahmen der Rauchwolken wirken in ihrer Ästhetik sehr ansprechend, wüssten wir nicht von der zerstörerischen Kraft der Atombombe. Das monochrome schwarz-weiß der abfotografierten Bilder verweist auf die dokumentarische Realität der ausgestellten historischen Ereignisse. Es folgt die Fotografie eines Kalenders an einer rosafarbenen Wand, dessen Bild vier Katzen zeigt. Die Harmlosigkeit der Katzen, die uns von dem Kalenderblatt anblicken, überdeckt sofort den Eindruck der harten Realität Hiroshimas, indem die Anzahl der Katzen auf die Anzahl der Bilder der Atomexplosion verweist und somit fast vorsätzlich verharmlost. Dies schafft eine Irritation, die neugierig macht, wie der Künstler dieses Thema weiterhin verhandeln wird. Der nun folgende Titel des Buches setzt eine Zäsur und lässt die vorangegangenen Bilder als Einheit erscheinen. Deren Zusammenstellung wirkt zunächst befremdlich.
Die fünf Bilder bilden einen Mikrokosmos und geben einen Hinweis darauf, wie das Buch weiterhin aufgebaut ist. Graham legt sehr großen Wert auf die Bildung von Bildpaaren oder ganzen Abläufen, die sich wie ein Tableau im Buch verhalten. Dabei behalten die Bilder immer das selbe Format. Die Hochformate füllen im Anschnitt jeweils eine Einzelseite, während die Querformate sich immer – ebenfalls im Anschnitt – über die gesamte Doppelseite erstrecken. Die Tableaus entstehen durch den Ablauf im Buch. Teilweise sind Bildgruppen durch Vakat-Seiten von den darauf folgenden Bildern abgetrennt, teilweise ergeben sich Zusammenhänge durch Einzelmotive, die Zäsuren bilden und zum Teil eine strukturierende Funktion aufweisen.
Die Porträts junger Frauen wirken im ganzen Buch hindurch sehr künstlich, da sie immer in einer Gestik eingefroren sind und dadurch eine erstarrte Position einnehmen. Trotz der Gestik wirken sie passiv. Die Frauen bleiben distanziert, sie geben nichts preis außer ihrer Äußerlichkeit. Nach dem Titel beginnt eine neue Bildfolge mit der rechtsseitigen Abbildung einer Frau mit sehr weißem Gesicht. Die linke Seite bleibt weiß. Die rechtsseitige Abbildung einer Schulter mit durch die Atombombenexplosion im Kimono-Muster verbrannter Haut auf der nächsten Doppelseite wird mit einem rosafarbenen Detail von einem Süßigkeiten-Einwickelpapier kontrastiert. [Abb. 3] Ein Cartoon-Mädchen hält einen Zauberstab hoch, ein anderes Cartoon-Kind schaut dem Mädchen auf die Schulter. Das reflektierende Blitzlicht verstärkt die Wahrnehmung der materiellen Oberfläche. Im Gegensatz dazu schafft das Druckraster der historischen Aufnahme kaum eine Distanz zum Abgebildeten. Während sich die Farbigkeit der beider Bilder auf frappierende Weise einander angleicht, bilden die kitschige Aktivität der Cartoon-Charaktere und die Passivität der verletzten Schulter den größtmöglichen Kontrast. Statt das fast brutal körperliche Bild der Verletzung abzumildern, geschieht das Gegenteil: Die Künstlichkeit des harmlosen Papiers verstärkt die Brutalität des Verweises auf die historische Realität. Dem rosafarbenen Papier gelingt es nicht, die schmerzhafte Erinnerung abzudecken. Die links auf der nächsten Doppelseite abgebildeten roten Rosen unter einer Glasglocke in abgedunkeltem Interieur wirken daraufhin wie ein Grabgebinde, das die Zeit eingefroren hat. Der Tod mag lange her sein, aber die Blumen sind in der Momentaufnahme konserviert. Die rechte Vakatseite beendet diese Bildfolge. Graham arbeitet in den Bildfolgen stark mit Kontrasten. Besonders die abfotografierten historischen Bilder werden immer wieder in Zusammenhang mit süßlichen Alltagsgegenständen gezeigt.
[Abb. 4] Einen weiteren Aspekt des Buches bilden die Abbildungen von Männern. Sie sind immer gleich im Profil extrem nah ins Bild gesetzt, schauen mal nach rechts, mal nach links. Die Entscheidung für eine bestimmte Richtung scheint durch das Layout festgelegt. Durch die immer gleiche Bildauffassung wirken sie extrem ähnlich und sehr unnahbar. Scheinbar haben alle die gleiche Frisur, auch die Brillen unterscheiden sich kaum voneinander. In der Häufung der Darstellung dieser Männer, die auch auf das Klischee der Ähnlichkeit von Japanern im allgemeinen verweist, bewirkt Graham jedoch das Gegenteil. Man beginnt, sich mit den Details der Aufnahmen auseinanderzusetzen und über die Vagheit der angedeuteten Ähnlichkeit nachzudenken. Graham entlarvt das Klischee durch seine Art des Umgangs als unhaltbar. Graham hat die Männer alle in Kasumigaseki fotografiert, dem Stadtteil von Tokio, in dem die Bürokraten arbeiten. „… in Japan bestimmen diese Bürokraten – sie wurden nicht gewählt und sind eigentlich auch nicht repräsentativ –, was läuft, gemeinsam mit den Geschäftsleuten und den Politikern.“ Graham zeigt das Gesicht der Macht als unnahbar und austauschbar. Die Männerporträts sind meist in Tableaus mit Motoren angeordnet. So stellt Graham Fragen nach der Bedingung der Macht. Die Motoren verweisen ebenso wie die Bürokraten auf das Machtsystem. Das gegenwärtige Machtsystem setzt Graham in Bezug zur Vergangenheit. Neben den abfotografierten Bildern, die auf den Atombombenabwurf auf Hiroshima verweisen, gibt es andere Reproduktionen, die sich mit der Macht des Kaisers und den traditionellen japanischen Werten beschäftigen. Für Graham als Europäer ist es wichtig, Hiroshima als Folge des japanischen Imperialismus zu sehen. Er sieht – wie er im Interview erläutert – die Betonung der Opferrolle durch die Japaner kritisch. Durch die Kontrastierung der historischen Bilder mit den farbig-kitschigen Bildwelten verweist er auf die mangelnde historische Aufarbeitung, die er den Japanern konstatiert. Zugleich knüpfen die historischen Bilder wiederum an uns bekannte Repräsentationen Japans an, da die historische Realität des 2. Weltkrieges und Japans Verstrickung darin, sowie das Ende durch den Einsatz von Atombomben bildmäßig in unserem Gedächtnis verankert sind. Auch die bunten Comicwelten bringen wir mühelos mit Japan in Verbindung. Neu ist jedoch die Herstellung von Bezügen zwischen so unterschiedlichen Bildwelten. Die hier angesprochenen Beispiele bilden nur einen kleinen Ausschnitt aus den zahlreichen Motiven, die Graham in dem Buch verwendet. Eine weitergehende Analyse wird sich ausführlicher mit ihnen beschäftigen
„The West is overly concerned with ‚unwrapping,’ with revealing the essence of things. We should look rather at the method of concealment ...“ lässt Paul Graham Joy Hendry zu Wort kommen. Graham zeigt in seinem Buch Empty Heaven in der Tat die Oberfläche, die Verpackung. Er beobachtet Japan speziell im Zusammenhang mit Fragen der Macht und setzt Bezüge zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Seine Fotografien verweisen auf visuelle Klischees, durchbrechen diese jedoch durch die eigenwillige Bildsprache. Ihm gelingt im Verweis auf unsere Vorstellungen von Japan, sie gründlich in Frage zu stellen. Grahams Bildauffassung und die von ihm erzeugten Zusammenhänge geben Auskunft über einen von ihm beobachteten Zustand der japanischen Gesellschaft. Er nutzt zur Beobachtung seine Distanz zum Fremden, die er in seinen Bildern immer wahrt. Die physische Nähe zu den Motiven versucht nicht, die Fremdheit zu negieren. Sie verstärkt diese eher noch. Die physische Nähe steht im Gegensatz zur bildmäßigen Distanz. Seine Beobachtungen resultieren aus seiner europäischen Prägung, die ihn eine offene Auseinandersetzung mit der Vergangenheit in der japanischen Gesellschaft vermissen lässt. Die Darstellung der Oberfläche gibt bei Paul Graham tatsächlich Auskunft über im Inneren verborgenen Zustände.
Abbildungsnachweis:
Alle Abbildungen sind Doppelseiten aus: Paul Graham, Empty Heaven – Photographs from Japan 1989 – 1995, Ausstellungskatalog Wolfsburg, Kunstmuseum Wolfsburg, Zürich, Berlin, New York 1995
Abb. 1: 2. Toyota Engine #1 (Century), Tokyo 1995
Abb. 2: 4. Atomic Cloud Photograph, Hiroshima 1989
Abb. 3: 7. Candy Wrapper, Tokyo 1990
8. Kimono Pattern Flash Burn Photograph, Hiroshima
1990
Abb.4: 44. Man #7, Kasumigaseki, Tokyo 1995
45. Man #8, Kasumigaseki, Tokyo 1995